Cranach-Magazin

Aktuelles aus der Cranach-Forschung

Das Neustädter Lutherhaus in Virtual Reality

Ein digitaler Besuch

Zu Gast sein in einem Haus mit 600jähiger Geschichte? Soweit nichts Neues, schließlich gilt das für den Besuch in vielen Baudenkmälern, Museen, Kirchen oder anderen geschichtsträchtigen Orten, die man als Interessierter besichtigen kann. Aber in die Geschichte eines Hauses vom Sofa aus einzutauchen? Und das so, als wäre man vor Ort und kann sich in den Räumen umschauen? In der Zukunft kann das mehr und mehr Realität werden und im Neustädter Lutherhaus spielt schon heute diese Zukunftsmusik.

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Das Team bei den Dreharbeiten im Neustädter Lutherhaus ©Florian Müller

Während der Corona-Schließzeit wurde im begehbaren Schaudenkmal Lutherhaus in Neustadt an der Orla ein etwa achtminütiger Film gedreht, der das einstige Wohn- und Gewerbehaus aus dem späten 15. Jahrhundert in 3D und virtueller Realität erlebbar macht. Dabei ist es keine „einfache“ 3D-Ansicht anhand eines Fotos, wie man es bereits beispielsweise vom Online-Shopping oder einem populären „Maps“-Anbieter kennt. Bewegte hochauflösende Bilder, die sich von allen Seiten durch intuitive Bewegungen betrachten lassen, eine Sprecherstimme, die den Betrachter durch die Szenen führt und ein 3D-Effekt, der sich so sonst nur in der Realität erleben lässt, machen den 360°-Lutherhausfilm aus. Der Betrachter erhält den Eindruck, als befände er sich tatsächlich am gezeigten Ort und auch die Geräusche und Stimmen verhalten sich so real, als würde sich die sprechende Person im gleichen Raum wie der Betrachter befinden. Mit einer VirtualReality-Brille also tatsächlich ein Erlebnis, was unvergleichlich ist und den modernsten Maßstäben der Filmtechnik entspricht.

Man kann den Film aber natürlich auch ohne diese Technik anschauen. Via Smartphone oder Tablet erlebt der Zuschauer das Dargestellte ebenfalls in 360° und kann sich mittels einfachen Bewegungen aktiv umschauen. Währenddessen erfährt er interessante Details und gelangt so durch ausgesuchte Räume des begehbaren Schaudenkmals, welches schon Martin Luther während seiner Besuche der spätmittelalterlichen Stadt an prominenter Stelle am Neustädter Marktplatz, ganz in der Nähe des einstigen Klosters und auf dem Weg zur Stadtkirche St. Johannis mit dem berühmten Altar aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä., passiert hat.

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Die Lutherstube ©Frank Schreier

Zudem ist der 360°-Lutherhausfilm durchaus eine Möglichkeit, außerhalb der Öffnungszeiten oder auch vom anderen Ende der Welt, Gast in den Räumen des 1490 erbauten Hauses zu sein. Die Informationen der modernen Dauerausstellung, die zu Themen wie der Haus- und Bauforschung, zur mittelalterlichen Stadt- und zur Thüringer Reformationsgeschichte Aufschluss gibt und nicht zuletzt die Geschichte des Hauses selbst und die seiner einstigen Bewohner erzählt, kann durch den rund acht minütigen Film natürlich nicht vermittelt werden. Und auch die Inhalte einer Führung greift das Video nur am Rande auf. Vielmehr soll der 360°-Lutherhausfilm dem Besucher Lust machen, seine virtuellen Entdeckungen vor Ort noch zu vertiefen und mit allen Sinnen zu erleben.

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Das Lutherhaus, Marktplatz Neustadt an der Orla ©Frank Schreier

Nachdem sich die Lockerungen der bundes- und landesweiten Verordnungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie nun immer weiter ausbreiten und neben dem Alltag auch das kulturelle Leben wieder mehr und mehr zu einer neuen Normalität übergehen kann, sind Gäste und Interessierte recht herzlich eingeladen, sich direkt vor Ort einen Eindruck von den kulturtouristischen Highlights der Stadt zu machen. Neben den städtischen Museen, die wieder regulär geöffnet sind, ist auch ein Besuch der Stadtkirche und des dortigen, erst im vergangenen Jahr restaurierten, Cranach-Altars wieder möglich.