Cranach-Magazin
Aktuelles aus der Cranach-Forschung
Cranach prägt
Dr. Sebastian Dohe über Cranachs Münzen und Medaillen in Weimar
Ein typischer Cranach – ist gemalt oder gedruckt. Aber Cranach in Metall, geprägt oder gegossen? Münzen und Medaillen, die von Cranach stammen oder mit ihm in enger Beziehung stehen, fristen ein eher stiefmütterliches Dasein, schaffen es manchmal in Ausstellungen, sind aber weit davon entfernt, zum Kanon des „typischen Cranach“ zu zählen. Dabei verraten uns die Objekte viel über die Herstellung und den Gebrauch von Bildern, vor allem aber wartet manches Unbekannte auf seine Entdeckung!
Abb. 1: Ulrich Ursenthaler nach Lucas Cranach d.Ä., Statthaltermedaille auf Friedrich den Weisen zu 12 Dukaten, 1512, Klassik Stiftung Weimar, Direktion Museen, Inv. MM-2020/5
Bei einer Medaille ist sicher belegt, dass Lucas Cranach d. Ä. selbst die Vorlage dafür lieferte. Friedrich der Weise war 1507 zum Generalstatthalter des Kaisers ernannt worden und wollte den prestigeträchtigen neuen Titel sogleich mit seinem Bildnis in Metall geprägt sehen. Mit den ersten Herstellungsversuchen, die in Nürnberg stattfanden, war er unzufrieden und ließ Cranach ein in Stein geschnittenes Modell nach Nürnberg senden. Der Innsbrucker Stempelschneider Ulrich Ursenthaler brachte das Projekt schließlich zu einem Ergebnis, von dem auch Kaiser Maximilian, der in Innsbruck residierte, sich sogleich mehrere Abschläge bestellte. Es ging um Prachtexemplare, würdig, von Kaisern und Königen gesammelt und vorgezeigt zu werden. In Weimar hat sich ein solches erhalten, ein Schwergewicht in Gold zu 12 Dukaten, also fast 42 g schwer – dafür hätte man Cranachs gut bezahlten Zeitgenossen Albrecht Dürer drei Wochen lang für sich arbeiten lassen können. Besonders gelungen sind die filigranen Strukturen der Drahthaube und der fein gelockte Bart, ein Detail, auf das auch Cranach in seinem in Kupfer gestochenen Portrait des Kurfürsten Wert legte.
Abb. 2: Monogrammist HG nach Lucas Cranach d.Ä., Medaille auf Martin Luther, 1521, Klassik Stiftung Weimar, Direktion Museen, Inv. MM-2019/25
Selbstverständlich gehen viele Medaillen mit Luthers Portrait auf Cranach zurück, doch ist unklar, wo Cranach selbst beteiligt war. Bekannt und häufiger ausgestellt ist die Medaille des Monogrammisten „HG“, der so am unteren Rand signierte und von dem erwogen wurde, ob er aufgrund der hohen Qualität direkt nach einem Modell Cranachs arbeitete oder ob er dessen gedrucktes Lutherportrait von 1521 selbständig übersetzte. Zwei Medaillen in Gotha und Berlin, erst in Blei, dann in Silber, gelten als die ersten ihrer Art, doch hat sich auch in Weimar ein gegossenes, signiertes Exemplar in Silber überliefert – am Rand viel schöner gestaltet, das Gesicht leicht variiert, mit weicherem Nasen- und Mundprofil. Vermutlich handelt es sich um die Weiterbearbeitung des Berliner Stücks, um ein schöneres Ergebnis zu entwickeln.
Abb. 3: Unbekannt nach Lucas Cranach d.Ä., Medaille auf Martin Luther (Probeabschlag), um 1521, Klassik Stiftung Weimar, Direktion Museen, Inv. MM-2020/2
Rätselhafter und einzigartig ist ein praktisch vergessenes Exemplar aus Weimar, das ebenfalls Luthers Profil zeigt, doch spiegelverkehrt. Der Nestor der deutschen Medaillenforschung, Georg Habich, war darüber ratlos und erklärte es zu einer späteren Kopie nach einer Kopie. Dabei erzählt das Stück viel über einen Herstellungsprozess: Das Material ist weich und ausgebrochen, war also offensichtlich kein Endergebnis, obwohl das Profil durchaus künstlerisches Gespür zeigt. Nur das Portrait, kein Text wurde angelegt, und nichts gibt einen Hinweis, dass es nicht unmittelbar nach Cranach entstanden sein kann. Handelt es sich um ein Probestück, mit dem der Monogrammist HG einen ersten Entwurf prüfte? Oder um einen noch früheren Versuch von anderer Hand? Anstatt wieder eingeschmolzen zu werden, um kein Metall zu verschwenden, wäre es ein einzigartiges Überbleibsel, das einen Einblick gewährt, wie Cranachs Lutherportrait erstmals in Erz übersetzt wurde.